OLAHOP

OLAHOP für Kinder

Ein Kind sagt, ein Kind tanzt

Kinder schließen Freundschaft mit sich selbst und mit der Umwelt, Wie oft beneiden wir Kinder um ihr unbekümmertes Wesen. Wenn sie zum Beispiel Musik hören, dann schießt der Rhythmus, so scheint es, direkt in ihre Arme und Beine. Sie beginnen zu wackeln, zu klatschen, die Arme in die Luft zu werfen, zu jauchzen. Sie tanzen, als schaute ihnen niemand zu; sie tanzen, ohne nachzudenken. Etwas, das sich Erwachsene oftmals wünschen. Für Kinder dagegen ist Tanz etwas so Natürliches wie Nahrungsaufnahme. Es gehört zur Bewegung dazu – und Kinder haben einen wirklich großen Bewegungsdrang, der gestillt werden möchte. Doch Bewegung außerhalb kurzer Fußwege und kleiner Fahrradtouren ist in unserem modernen Alltag gar nicht vorgesehen. Daher fällt es Kindern oft schwer, ihre unbändige Bewegungsenergie loszuwerden. Umso wichtiger, dass sie tanzen dürfen.
Ich erzähle euch was Tanzen mit Geist und Körper macht
Was bedeutet eigentlich Tanz für Kinder?
Tanz bedeutet zunächst, sich freudig zur Musik zu bewegen. Im Vordergrund stehen das Wohlbefinden und der Spaß der Kinder an der Bewegung. Ohne dass Kinder es wissen, passiert innerlich ganz viel mit ihnen.
Sie können beispielsweise beseelt wie eine Schneeflocke zu Boden sinken und ganz bei sich im Moment sein – das, was Erwachsenen oftmals fehlt, können Kinder schließlich noch. Man darf bloß keine erwachsene Idee von Tanz in Perfektion und nach strenger Choreografie auf Kinder projizieren.
Noch vor dem Laufen lernen, wenn Kinder geradestehen können, fangen sie an, in den Knien zu wippen, sobald sie Musik hören. Das ist in allen Kulturen gleich.
Im Prinzip schon. Man muss Kinder eigentlich fast nie dazu animieren zu tanzen, man kann sie nur unterstützen.
Gute Vorbilder sind wichtig. Es hilft natürlich, wenn die Eltern dann auch noch mittanzen. Im Normalfall tanzen die Kinder aber von ganz allein, es ist ihnen ein Grundbedürfnis. Und es bringt sie weiter. Es geht gar nicht nur um das Tanzen um das Tanzen willen.
Genau, es fördert die körperliche Entwicklung, fördert die Musikalität und die Kreativität, und es macht selbstbewusst. Eigenschaften also, die einem im ganzen Leben zugutekommen. Immer mehr Studien besagen, dass frühkindliche Bewegung schlau macht. Sie verbessert auf jeden Fall auch die kognitiven Fähigkeiten.
Nehmen wir mal das Beispiel Lesenlernen. Kinder lernen Buchstaben wie B und D leichter, wenn sie diese räumlich einordnen können, wenn sie wissen, wo das B gerade ist, wo es einen Buckel macht und sich biegt. Wenn Kinder im Tanz Raumerfahrungen gemacht haben, also sich mal über eine Diagonale bewegt, einen Kreis oder eine Acht getanzt haben, dann stützt sie dieses räumliche Verständnis der Buchstaben beim Lesenlernen. Außerdem unterstützt Bewegung die Hirnreife.
Ich habe mal gelesen, dass Tanzen genauso wichtig ist wie Mathe, weil beide sich ergänzen.
Es gibt ein gutes Sprichwort in dem Zusammenhang: Begreifen kommt von Greifen und verstehen, erfassen, folgen können, erkennen, richtig beurteilen/einschätzen können, bewusstwerden, klarwerden, deutlich/verständlich werden. Wenn ein Kind eine Sache erlebt hat, am besten mit dem ganzen Körper, fällt es dem Kind leichter, Dinge zu verstehen.
Durch Bewegung also entdecken Kinder ihre Umwelt. Können sich Kinder nicht ausreichend bewegen, kann das Auswirkungen haben auf ihre körperliche Entwicklung und ihre Gesundheit im Allgemeinen. Haben Kinder die Möglichkeit, sich genug zu bewegen, können sie ein positives Selbstwertgefühl und eine bessere Motorik entwickeln, auch wenn gewiss viele weitere Faktoren eine Rolle spielen. Dabei erlernen sie viele Dinge, was unter dem Begriff Sensomotorik zusammengefasst wird. Der Entwicklungs-psychologe Jean Piaget prägte den Begriff der „sensomotorischen Intelligenz“, die durch Musik und Spiel gefördert wird.
Es gibt inzwischen viele Studien, die sich mit dem Phänomen Tanzen und Kognition beziehungsweise Lernen beschäftigen. Elizabeth Spelke von der Harvard University zum Beispiel fand heraus, dass jahrelanges Tanzen bei Schulkindern räumliches Denken fördert. Kinder, die gern tanzen, schnitten darüber hinaus besser in Geometrie-Tests ab. Durchs Tanzen werden tatsächlich beide Gehirnhälften beansprucht, sowohl die motorische Region als auch das Sprachzentrum. Die Behauptung, Tanzen mache schlau, ist also keine Übertreibung, im Gegenteil.
Tanzen drückt außerdem Gefühle aus und fördert die Vorstellungskraft von Kindern, trägt also zu ihrer psychischen Persönlichkeitsentwicklung bei. Das gemeinsame Tanzen stärkt soziale Kompetenz und das Selbstwertgefühl. Der Dirigent Sir Simon Rattle wagte 2003 ein Experiment, „Rhythm is it“: 250 Hauptschüler probten ein Ballett, das von den Berliner Philharmonikern begleitet wurde. Kinder, die vorher noch nie klassische Musik gehört, geschweige denn zu dieser getanzt hatten, entwickelten plötzlich einen riesigen Ehrgeiz und waren äußerst diszipliniert. Einige schlugen im Anschluss an dieses Projekt einen völlig anderen Lebensweg ein als ihre Eltern. Tanzen, dieses Körper-Ausschütteln, das Entlüften des Geistes, das in so vielen Kulturen schon von klein auf zum Alltag dazugehört, sollte also bei uns noch viel mehr gefördert werden – nicht nur in einer professionellen Tanzgruppe, sondern immer und überall. Die Lebensfreude, die Bewegung den Kindern schenkt, lässt sich auch wunderbar im Spielfilm „Billy Elliot – I Will Dance“ sehen: Der kleine Billy, der eigentlich zum Boxtraining gehen soll, schleicht sich heimlich zum Ballettunterricht. Erst als seine Eltern verstehen, wie glücklich Billy der klassische Tanz macht, fangen sie langsam an, sein für Jungen immer noch unübliches Hobby zu akzeptieren.